Forschungsinteresse

Ein Ziel informatikdidaktischer Forschung ist zu ergründen, wie Lernende neue Herausforderungen bewältigen, miteinander interagieren und Werkzeuge zielführend einsetzen. In einem pädagogischen Escape Room können das Verhalten und die Problemlösungsstrategien von Probanden in einer natürlichen Umgebung beobachtet werden. Im Gegensatz zu traditionellen Laborumgebungen erleben die Lernenden ein immersives Setting, das einen authentischen Datenerfassungsprozess erlaubt.

Erhebung von Forschungsdaten im Projekt «CS Eduscape»

Ähnlich wie in anderen Escape Rooms ([2,3]) werden die Teams während des Spiels beobachtet, vor und nach dem Spiel mit Fragebögen befragt und in Nachbesprechungen mit ihnen diskutiert. Zudem werden Audio- und Videodateien für detaillierte Analysen gespeichert. In früheren Durchführungen fiel auf, dass die gesammelten Daten oft unvollständig waren. Um dieses Problem zu beheben, werden Interaktionen der Probanden mit den Rätseln – wenn möglich – automatisiert erfasst.

Rätsel ohne automatisierte Datenerfassung

Es gibt Rätsel, in denen eine automatisierte Datenerfassung derzeit noch nicht möglich ist. Beispielsweise müssen die Probanden eine Nachricht mithilfe von Morsecode decodieren. Dieses Rätsel zeigt uns, wie sie das Problem identifizieren, Rollen verteilen und Hinweise verwenden. Da sie jedoch nicht mit einem Gerät interagieren, ist die automatisierte Datenerfassung nicht trivial und wir sind auf Video- und Audiodateien sowie manuelle Notizen angewiesen.

Morse
Morsecode, Foto: Mareen Grillenberger, PHSZ

Rätsel mit partiell-automatisierter Datenerfassung

In einem Sortierrätsel werden Blechdosen nach Gewicht sortiert. Hier wird gespeichert, wann welche Dosen ins Regal gestellt werden, jedoch nicht, welcher Algorithmus verwendet wird. Durch Video- und Audioaufnahmen können wir die Sortierstrategien rekonstruieren. Die Logdaten unterstützen die Analyse, indem sie Zwischenergebnisse und Herausforderungen aufzeigen.

Sortierung, Foto: Johanna Unternährer, PHSZ

Rätsel mit vollständig automatisierter Datenerfassung

Ein Beispiel für vollständig automatisierte Datenerfassung ist ein Rätsel, bei dem die Spieler einen Roboterarm mit Blockcode programmieren. Jede Aktion wird im Logfile gespeichert, sodass wir analysieren können, wie die Schülerinnen und Schüler den Code erstellen, testen und anpassen. Auch ein Rätsel, in welchem ein Fluchtweg unter bestimmten Bedingungen geplant werden muss, wird vollständig automatisiert erfasst und ermöglicht so eine detaillierte Vorgehensanalyse.

Fluchtweg
Fluchtweg, Foto: Sylvia Schöberl, PHSZ

Erfahrungen und Ausblick

Unsere Erfahrungen zeigen, dass das Protokollieren der Benutzerinteraktionen mit den Rätseln ein wertvoller Ansatz ist. Die gespeicherten Daten ermöglichen es, Problemlösungsansätze zu analysieren und gemeinsame Strategien zu identifizieren. Die Kombination von Logfiles mit Video- und Audiodateien vereinfacht unsere Analysen erheblich. Bisher wurden Logdaten für mehrere Rätsel gesammelt. Die nächsten Schritte umfassen die Analyse der Daten und die Evaluation der Wirksamkeit des Software-Frameworks.

Die äusserst positiven Rückmeldungen aller Beteiligten zeigen, dass das Ziel, einen motivierenden Rahmen für die Anwendung und Vertiefung informatischer Kenntnisse und Fähigkeiten zu bieten, erfüllt wird und unser Escape Room gleichermassen fordernd und unterhaltsam ist. Auch die Lehrpersonen gewinnen spannende Einblicke: sie sehen ihre Schülerinnen und Schüler in einer ungewohnten Situation und sind häufig überrascht über individuelle Leistungen, die im Vergleich zu Leistungen im regulären Unterricht durchaus abweichen können. Alle Rätsel im Escape Room bieten Anknüpfungspunkte zu Lehrplan 21-Themen und können somit im nachfolgenden Unterricht als Aufhänger für die tiefergehende Thematisierung verschiedener Inhalte genutzt werden. Aktuell werden Materialien für die Nachbereitung der einzelnen Rätsel entwickelt, diese sollen künftig den Lehrpersonen kostenfrei zum Download zur Verfügung gestellt werden.

Das Projekt soll bis mindestens Ende 2025 fortgeführt werden und steht allen deutschsprachigen Schulklassen der Schweiz kostenlos offen. Anmeldungen sind über die Projektwebseite möglich.

Danksagung

Wir bedanken uns bei den Akademien der Wissenschaften Schweiz für die finanzielle Unterstützung im Rahmen des MINT-Förderprogramms (https://akademien-schweiz.ch/de/themen/mint-forderung/mint-2021-2024/projekte-2021-2024/).

Literaturangaben

  1. Linda Greter, Beat Horat, Mareen Grillenberger, Bettina Waldvogel. 2023. Erkenntnisse aus der Entwicklung eines Educational Escape Room – Eine Design-Based-Research-Studie. INFOS 2023 – Informatikunterricht zwischen Aktualität und Zeitlosigkeit (2023), Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V..
  2. Lene Hayden Taraldsen, Frode Olav Haara, Mari Skjerdal Lysne, Pernille Reitan Jensen, and Eirik S. Jenssen. A review on use of escape rooms in education – touching the void. Education Inquiry 13, 2 (2022),169–184.
  3. Alice Veldkamp, Liesbeth van de Grint, Marie-Christine P.J. Knippels, and Wouter R. van Joolingen. 2020. Escape education: A systematic review on escape rooms in education. Educational Research Review 31 (2020), 100364.

Fotonachweis:

Johanna Unternährer, Sylvia Schöberl und Mareen Grillenberger, PHSZ
Beitragsbild: Sylvia Schöberl, PHSZ